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Erdbebengefahr durch verdeckte Verwerfungen: Institut für Geologie erprobt neue Indikations­verfahren

Erdbebengefahr durch verdeckte Verwerfungen: Institut für Geologie erprobt neue Indikations­verfahren

Das Foto zeigt steil stehende Disaggregationsbänder, die in jungen, unverfestigten und erdoberflächennahen Sedimenten in Norddänemark ausgebildet sind. In diesem Gebiet befindet sich im Untergrund eine große Verwerfung, die man mit Hilfe von geophysikalischen Messungen nachgewiesen hat. An dieser Verwerfung hat es in der Vergangenheit Erdbeben gegeben.

In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) hat Dr. Christian Brandes vom Institut für Geologie ein Verfahren entwickelt, um jüngere tektonische Aktivitäten von verdeckten Verwerfungen nachzuweisen. Ihre Arbeit wurde im Journal „communicatinos earth & environment“, welches zum Nature Portfolio gehört, veröffentlicht.

Als Verwerfungen bezeichnet man Flächen, an denen zwei Gesteinsbereiche oder Teile der Erdkruste zueinander versetzt oder sogar aufgeschoben auftreten. Eine bekannte Verwerfung ist die San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien, USA. Sie verdeutlicht, welches Gefahrenpotential für seismische Aktivitäten Verwerfungen mit sich bringen können.
Die Disaggregationsbänder sind der oberflächennahe Ausdruck der Verwerfungsbewegungen im Untergrund. Daher eignen sich solche Disaggregationsbänder als Anzeiger für im Untergrund befindliche aktive Verwerfungen und können helfen, bisher unbekannte Verwerfungen zu finden und das seismische Gefährdungspotenzial einer Region besser einzuschätzen.

Verdecktes Gefahrenpotenzial erkennen

Das Team von Forschenden untersuchte Aufschlüsse oberhalb bekannter Verwerfungen in Deutschland und Dänemark. Besonderes Interesse widmeten sie dabei den sogenannten Disaggregationsbändern. Die Bänder entstehen ähnlich wie Verwerfungen, sind dabei aber oberflächennah und leicht zugänglich sind, können sie wichtige Informationen zur neotektonischen Aktivität im Untergrund liefern. Besonders für die Ausweisung verdeckter Verwerfungen in Erdbebengefährdungskarten liefert diese Arbeit einen wichtigen neuen Ansatz. Sogar kriechende Verwerfungen, die zwar aktuell keine Aktivität zeigen, in Zukunft aber Erdbeben verursachen könnten, können über Disaggregationsbänder nachgewiesen werden.

„Verdeckte Verwerfungen können besonders große Folgen haben, da sie oft unbekannt sind und Erdbeben überraschend auftreten“, erklärt Dr. Christian Brandes. „Es gibt noch viele verdeckte Verwerfungen, deren Position und Aktivität bisher nicht genau bestimmt werden konnte – denn das Erfassen speziell von kriechenden Verwerfungen war bis jetzt nur mit Hilfe von dauerhaften Beobachtungen an der Oberfläche möglich.“ Dr. David Colin Tanner, Geologe am LIAG, ergänzt: „Oft wird nur dort gezielt beobachtet, wo Erdbeben bereits aufgetreten sind. Es gibt aber beispielsweise in Norddeutschland auch Spannungen im Untergrund, die durch das Abschmelzen der Gletscher am Ende der letzten Eiszeit verursacht wurden und zu einer noch andauernden, aber oft unterschätzten Aktivitätsphase von Verwerfungen geführt haben. Zukünftige Analysen zum Gefahrenpotenzial bekannter Störungen müssten die neuen Erkenntnisse berücksichtigen.“

Weitere Bestätigung für ihre Ergebnisse erhielt das Forscherteam durch Simulationen mit Hilfe eines Scherapparates sowie computertomographischen Verfahren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ein Projekt zur Untersuchung einer aktiven Verwerfung in Neuseeland, bei dem die Methoden weiter entwickelt und verfeinert werden können, um verlässliche Prognosen für das Gefährdungspotential treffen zu können.

  • Pressemeldung des LIAG
  • Publikation in communications earth & environment: Disaggregation bands as an indicator for slow creep activity on blind faults